Kapazitätsplanung
6. Bewertung von Maßnahmen zur Kapazitätsanpassung
Anhand der zuvor erläuterten Methodik zur Analyse der statischen und dynamischen Kapazitätsengpässe können gezielte Kapazitätsanpassungen vorgenommen werden, deren logistische Wirkung mit dem Referenzzustand verglichen wird. Im Anwendungsbeispiel wurden zunächst an mehreren Arbeitsplätzen individuelle Kapazitätsanpassungen vorgenommen. Anschließend wurde eine erneute Kapazitätssimulation durchgeführt, um die Auswirkungen zu analysieren und zu bewerten.
Die Ergebnisse dieser Alternativplanung können systemtechnisch in einer Datenbank gespeichert und mit den Ergebnissen der Kapazitätsgrundeinstellung verglichen werden. Aus dem Vergleich sind auch betriebswirtschaftliche Bewertungen möglich.
Eine einfache Möglichkeit des Ergebnisvergleichs besteht darin, im Auftrags-Durchlaufdiagramm die Systemleistung zu einem Stichtag als Vergleichsreferenz zu verwenden. In dem Anwendungsfall beträgt die Planleistung Plan-Abgangskurve) bis Mitte März ca. 7.100 Stunden, während der Leistungswert der Alternativplanung (VAR-Abgangskurve) bei 10.200 Stunden liegt. Das Ergebnis wurde erreicht, indem Personalpools für die verschiedenen Fertigungsverfahren der mechanischen Fertigung gebildet wurden. Die Personalzahl wurde gegenüber der Ausgangssituation nicht verändert, das Personal wurde aber auf einen Mehrschichtbetrieb verteilt, so dass die im Referenzzustand bestehenden dynamischen Engpässe schneller ausgeglichen werden konnten. Parallel zur Produktivitätssteigerung konnte im Beispielszenario bis Mitte Februar auch eine Verringerung des Rückstands von 4.400 Stunden auf 1.100 Stunden erreicht werden.
Im kausalen Zusammenhang mit der Reduzierung des Rückstands ergab sich auch eine deutliche Verbesserung der Auftragsendtermineinhaltung von einem Mittelwert von – 5,7 Tagen und einer Standardabweichung von 7,8 Tagen auf einen Mittelwert von – 1 Tag und einer Standardabweichung von 3,44 Tagen. Insbesondere die Reduzierung der Streuung bringt einen hohen Nutzen in einem Logistiksystem, da sie wesentlich zur Beruhigung der Prozesse beiträgt und eine Reduzierung der Planungspuffer ermöglicht.
Die zu erwartenden Staus im Auftragsdurchlauf des Referenzzustands summieren sich auf insgesamt ca. 13.500 Stautage (PlanDLZ Abw abs). Demgegenüber weist die alternative Planung mit der Personalpoolplanung (VarDLZ Abw abs) nur noch eine Staudauer von insgesamt ca. 4.800 Stautagen auf. Dabei zeigt sich keine gleichmäßige Verbesserung der Durchlaufsituation, weil die Poolbildung auf eine technologische Gruppierung ausgerichtet war.
Am Arbeitssystem Zyklendrehmaschine ergab sich beispielsweise eine große Verbesserung von 2714 Stautagen auf nur noch 297 Stautage, während sich beim CNC-Drehen sogar eine geringe Verschlechterung von 1130 auf 1171 Stautage ergab.
Das Arbeitssystem-Durchlaufdiagramm für die Kapazitätsgruppe „Drehen“ (Bild 6.5) zeigt analog zum Auftragsdurchlaufdiagramm eine schnelle und hohe Verbesserung bzgl. der Leistung und der Rückstandssituation. In der Praxis könnte man also bei höherer Flexibilisierung der Mitarbeiter bzgl. fachlicher Qualifizierung und erweiterten Anwesenheitszeitmodellen deutliche Verbesserungen erzielen, ohne dafür große Investitionen tätigen zu müssen.
Insgesamt kann man feststellen, dass der Gesamtfluss durch die Personal-Poolbildung in hohem Maße verbessert wurde und dass bei der Aufgabenstellung „Verbesserung der Logistikleistung“ dem Thema Personal(Einsatz)planung viel mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, als dies bisher allgemein der Fall ist.